Das Blut der Rebellin: Historischer Roman (German Edition) by Sabrina Qunaj

Das Blut der Rebellin: Historischer Roman (German Edition) by Sabrina Qunaj

Autor:Sabrina Qunaj [Qunaj, Sabrina]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2015-03-17T23:00:00+00:00


Nach Atem ringend und schluchzend bahnte Isabel sich einen Weg durchs Gestrüpp. Ihr Kleid war eingerissen und vom aufgeweichten Waldboden schlammverdreckt. Modriges Herbstlaub klebte an ihren halb erfrorenen, nackten Füßen, und als sie hinfiel, hob sie sogleich ihre dreckverschmierten Hände und fuhr sich damit über die Wangen.

Dumpfe, regelmäßige Geräusche von Hufschlag auf weichem Boden und das Murmeln von Gesprächen in einer fremden Sprache drangen an ihre Ohren. Sie hatte es fast geschafft. Zum bestimmt hundertsten Mal fasste sie an ihren unteren Rücken, wo die Schleuder geknotet war, und überprüfte, ob sie sich im Fall der Fälle leicht öffnen würde. Dann tastete sie an ihren Bauch, wo unter dem Leder Steine eingeklemmt waren.

»Hilfe!«, rief sie schließlich mit panisch schriller Stimme in der normannischen Sprache, »bitte, ihr müsst mir helfen! Hilfe!«

Sie schob sich durch dorniges Gestrüpp, auch wenn es ihre Arme zerkratzte, aber zumindest verlieh das Blut ihrer Erscheinung etwas Glaubhaftes. Dann stolperte sie auf einen schmalen Waldpfad, wo ein schier unendlicher Zug aus fremden Reitern in Zweierreihen entlangschritt.

Ein paar Pferde scheuten bei ihrem plötzlichen Erscheinen, Schnauben und Wiehern erfüllten den Wald, genauso das Singen von gezogenen Klingen. Instinktiv hob sie ihre Arme über den Kopf, jetzt musste sie die Angst gar nicht mehr spielen. Dies waren Söldner, die keinen Herrn und Geldgeber mehr hatten und auf Beute aus waren. Sie zogen durchs Land, um sich zu nehmen, was nicht schnell genug fliehen konnte, und vielleicht schlossen sie sich gegen eine entsprechende Anerkennung den flämischen Lords dieser Gegend an, um ihre Armeen zu verstärken. Aber zweifelsohne waren sie gefährlich.

»Bitte«, wimmerte sie und schluchzte erneut auf. »Ihr müsst mir helfen! Meine Familie … sie bringen alle um! Bitte!«

Bewegung kam in die Reihen, Männer redeten leise in einer Sprache, die sie ans Angelsächsische erinnerte, und schließlich erkannte sie aus den Augenwinkeln ein monströses Streitross, das neben dem Zug zu ihr zurückstampfte. Es war ein Rappe, und als sie sich umwandte und den Blick hob, sah sie einen hünenhaften Krieger in Ringpanzer auf ihm thronen. »Wer bist du?«, verlangte dieser mit rauer Stimme in der normannischen Sprache zu wissen und nahm seinen Helm ab. Sandfarbenes, im Nacken zusammengebundenes Haar kam darunter zum Vorschein, ein kantiges, zerfurchtes Gesicht, schmale, misstrauische Augen und ein ebenfalls sandfarbener Kinnbart. Sein Blick schweifte ins Dickicht, aus dem sie gekommen war, dann wandte er sich ihr wieder mit durchdringendem Blick zu. Der Rappe hob und senkte unruhig den Kopf, sein Vorderzeug klirrte, und das Leder knarrte. Der vertraute Geruch von Pferdeschweiß stieg ihr in die Nase und beruhigte sie ein wenig.

»Agnes«, stieß sie aus und benutzte damit die normannische Variante des Namens ihrer Großmutter. »Agnes FitzMaurice de Annwn.« Sie erwiderte den Blick des Mannes, und als er die Augenbrauen ein wenig zusammenzog, wusste sie, dass er noch nie von diesem Namen oder Ort gehört hatte. Wie auch? Annwn war die Anderswelt, ein Ort des Überflusses und der Freude, wo niemand alterte und der nur durch einen dünnen Schleier von dieser Welt getrennt war. Isabel hatte in Gwenllians Geschichten darüber gelesen, aber auch schon in den Liedern der Barden davon gehört.



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